NGT – Teil 3: Für Insekten giftige Pflanzen ohne Risikobewertung?

NGT – Teil 3: Für Insekten giftige Pflanzen ohne Risikobewertung?

Mit der geplanten Deregulierung neuer genomischer Techniken ist die Zucht von Pflanzen möglich, die zwar für Insekten giftig sind, aber keiner Risikokontrolle mehr unterliegen.

Die Europäische Union regelt bislang streng den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen. So ist vor dessen Erlaubnis eine Risikoprüfung vorgeschrieben. Dies soll zukünftig für viele Pflanzen, die mittels neuer genomischer Techniken hergestellt werden, wegfallen. Dies sieht zumindest der Gesetzesvorschlag der EU-Kommission vor, der zurzeit verhandelt wird. Die Risikoprüfung wäre dann für sogenannte NGT-1-Pflanzen nicht mehr vorgeschrieben. In diese Kategorie fallen Pflanzen, die auch auf natürliche Weise entstehen könnten und bei denen nicht mehr als 20 Basenpaare in der DNA verändert wurden.

Künstliche Intelligenz in der Zucht

Ein Projekt der Organisationen Aurelia Stiftung, Testbiotech und Save Our Seeds hat nun jedoch gezeigt, dass Fachleute mithilfe künstlicher Intelligenz einen Weg finden können, die Limitierung auf 20 veränderte Basenpaare einzuhalten und dennoch Pflanzen zu entwickeln, die potenziell giftig für Bestäuber sind. Die künstliche Intelligenz zeigte einem Experten, wie er eine Maispflanze verändern könnte, sodass sie spezifische Proteine vermehrt produziert. Diese Proteine bieten den Pflanzen einen natürlichen Schutz gegen bestimmte Fraßfeinde, indem sie die Verdauung von Schmetterlingen stören. Normalerweise werden sie jedoch nur vorübergehend in Stresssituationen gebildet. Die giftigen Proteine könnten bei dauerhafter Produktion allerdings auch vermehrt im Nektar und Pollen auftauchen. Somit wären die Pflanzen potenziell giftig für bestäubende Schmetterlinge.

Einschränkung ist kein wirksamer Schutz

Das Projekt kann zwar keine praktischen Daten aufweisen, liefert aber einen sogenannten „Proof-of-Concept“. In der Forschung wurde mittels Gentechnik bereits versucht, Pflanzen mit einem erhöhten Gehalt der Abwehrstoffe zu züchten. Die Ergebnisse des Projekts zeigen die Möglichkeit auf, mithilfe künstlicher Intelligenz bedenkliche Pflanzen zu züchten, die in die Kategorie der NGT-1-Pflanzen ohne Risikobewertung fallen würden.

Das Kriterium, dass diese Pflanzen maximal 20 veränderte Basenpaare aufweisen dürfen, wurde bereits von französischen und deutschen Behörden als „willkürlich“ und „wissenschaftlich haltlos“ eingestuft. Die veränderten Eigenschaften einer Pflanze hängen nicht zwangsläufig mit dem Umfang der Veränderungen im Erbgut zusammen. Künstliche Intelligenz erlaubt es heutzutage, auch die Frage zu umgehen, ob diese Veränderungen auf natürliche Weise entstanden wären. Dieses Problem wird im aktuellen Gesetzesentwurf jedoch nicht berücksichtigt. Daher ist auch zukünftig eine wissenschaftsbasierte Einzelfallprüfung von Umweltrisiken durch Pflanzen, die mittels neuer genomischer Techniken entwickelt wurden, dringend erforderlich.

Unsere Forderung: Keine Deregulierung neuer genomischer Techniken

Der Deutsche Imkerbund ruft daher, wie auch die Aurelia Stiftung, Testbiotech und Save Our Seeds, die Abgeordneten des EU-Parlaments sowie den Ministerrat dazu auf, die Deregulierung der neuen genomischen Techniken zu stoppen.