Asiatische Hornissen fressen fast jede Insektenart, die sie auf Blüten antreffen, zeigt eine neue Studie. Dieses Ergebnis unterstreicht die Gefahr für die Umwelt, die von dieser eingeschleppten Art ausgeht. Doch die deutschen Behörden wollen die Bekämpfung zurückfahren. Dagegen protestiert sowohl der Deutsche Imkerbund als auch die Arbeitsgruppe des Naturschutzbundes (NABU).
Eine aktuelle Studie aus Großbritannien zeigt es erneut: Die eingeschleppte Asiatische Hornisse Vespa velutina ist eine enorm anpassungsfähige Räuberin. 1.449 unterschiedliche Tierarten oder Tiergruppen haben Forscherinnen und Forscher in den Mägen der Hornissenbrut nachgewiesen. Aufgrund gewisser Unsicherheiten der DNA-Analysen könnte die tatsächliche Artenzahl sogar noch höher liegen.
Viele Bestäuber durch die Hornisse betroffen
Die gefundenen Arten reichen von Honigbienen über Wespen, Fliegen, Käfer, Schmetterlinge bis hin zu Spinnen. Unter den 50 Arten, die am häufigsten von den Asiatischen Hornissen gefangen wurden, befanden sich 43 Arten, die als Bestäuber auftreten, darunter auch Hummeln und Wildbienen. Außerdem spielen 17 dieser Arten als Aas- und Dungfresser eine wichtige Rolle bei der Zersetzung organischen Materials. Mit Blick auf eine mögliche Verminderung der vorgeschriebenen Bekämpfungsmaßnahmen kommt das Autorenteam zu dem Schluss: „Es handelt sich im Grunde nicht nur um ein Problem der Imker, vielmehr müssen die Auswirkungen auf die Umwelt gleichermaßen berücksichtigt werden.“ Unglücklicherweise sind die Umweltbehörden in Deutschland jedoch gerade im Begriff, genau dies zu tun.
Umweltministerien wollen weniger bekämpfen
Die zuständigen Umweltministerien der Länder wollen zukünftig jedoch nur noch dann für die Bekämpfung zuständig sein, wenn sie die Biodiversität in Gefahr sehen. So steht es in dem von ihnen vorgeschlagenem Maßnahmenblatt zur Bekämpfung der Asiatischen Hornisse. Dieser Rückzug ist verantwortungslos. Bis heute wurden weder Naturschutz- noch Imkerverbände – jenseits eines Online-Anhörungsportals – in die Entscheidungsfindung involviert.
Protest von Naturschützern
Neben dem Deutschen Imkerbund protestiert auch die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG)-Hymenoptera des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) gegen die Pläne der Behörden. In ihrer Stellungnahme (BAG 2024) warnt die BAG mit deutlichen Worten davor, die Gefahren zu unterschätzen, die von einer invasiven, staatenbildenden Art ausgehen: „Die Asiatische Hornisse hat als eusoziales Insekt das Potenzial, ganze Ökosysteme zu destabilisieren, denn sie nimmt die Rolle eines neuen Top-Prädatoren im Nahrungsnetz ein.“ Anstatt Vespa velutina als Imkerproblem zu klassifizieren, sollten die Behörden vielmehr die Imkerinnen und Imker in der Bekämpfung der eingeschleppten Art unterstützen. Der Deutsche Imkerbund betont, dass viele ehrenamtlich engagierte Imkerinnen und Imker in den vergangenen Jahren Aufgaben übernommen haben, die eigentlich den Behörden obliegen. Entsprechend folgert auch die BAG in ihrer Stellungnahme: „Zurzeit entsteht der Eindruck, dass sich Naturschutzbehörden über Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 einfach der Verantwortung entziehen und diese an Privatpersonen oder andere Behörden abgeben wollen. Die BAG-Hymenoptera bezweifelt, dass dieses Vorgehen im gesellschaftlichen Interesse ist.“
Potenzielles Gesundheitsrisiko
Der Deutsche Imkerbund hatte in seiner Stellungnahme (D.I.B. 2024) betont, dass die geltende EU-Verordnung eine Weiterführung der Bekämpfungsmaßnahmen vorsieht, um Gefahren für die Biodiversität und die menschliche Gesundheit sowie ökonomische Schäden zu verhindern oder zumindest zu mindern. Auch die BAG-Hymenoptera des NABU hält die eingeschränkte Bekämpfung eines Gifttieres für fahrlässig. Sie weist darauf hin, dass in städtischen Gebieten sich mehr als ein Drittel der Nester von Vespa velutina an Gebäuden befinden kann (Diéguez-Antón et al 2022). Somit kann es leicht zu Stichen mit teils schwerwiegenden Folgen kommen.
Zuständigkeit muss bei einer Behörde bleiben
Beide Verbände fordern die zuständigen Ministerien dazu auf, die Bekämpfung der Asiatischen Hornisse unvermindert weiterzuführen. Zudem muss die Zuständigkeit jeweils bei einer Landesbehörde bleiben – dies sind in Deutschland im Fall von invasiven Arten die Umweltbehörden. Das Aufteilen der Zuständigkeit auf weitere Behörden, wie es bereits vorschnell verkündet wurde, wird der Verantwortung einer Bekämpfung einer invasiven Art unionsweiter Bedeutung nicht gerecht. Vor allem wurden die Behörden, die nach Vorstellung der Umweltministerien die Bekämpfung übernehmen sollen, bislang nicht einbezogen, womit sie auch keine Möglichkeiten hatten, sich auf diese Aufgabe vorzubereiten.
Referenzen
Pedersen, S., Kennedy, P. K., O’Shea-Wheller T.A., Poidatz, J., Christie, A., Osborne, J.L., Tyler, C.R. (2025), Broad ecological threats of an invasive hornet revealed through a deep sequencing approach. https://doi.org/10.1016/j.scitotenv.2025.178978
BAG (2024), Eine kritisch-konstruktive Auseinandersetzung mit den geplanten Maßnahmen gemäß Artikel 19 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 für die Asiatischen Hornisse der Perspektive der BAG-Hymenoptera des NABU. vv-anhoerung_stellungnahmen_baghymenoptera.pdf
D.I.B. (2024), Vespa velutina – Maßnahmenblatt zur VO (EU) Nr. 1143/2014https://deutscherimkerbund.de/kommentierung-des-management-und-massnahmenblatts-zu-vo-eu-nr-1143-2014-durch-den-d-i-b/
Diéguez-Antón, A., Escuredo, O., Seijo, M. C., Rodríguez-Flores, M. S. (2022a), Embryo, relocation and secondary nests of the invasive species Vespa velutinain Galicia (NW Spain). Animals: An Open Access Journal from MDPI, 12(20), 2781. https://doi.org/10.3390/ani12202781