Der Bienenzuchtsektor der EU befindet sich in einer Krise. Neben den Problemen, die der Klimawandel, der Mangel an Futterressourcen und die Einschleppung invasiver Arten mit sich bringen, stehen die Imkerinnen und Imker auch beim Verkauf ihres wichtigsten Handelsprodukts, dem Honig, vor großen Herausforderungen. Zu diesen gehören die Konkurrenz durch billige Importe, steigende Produktionskosten und weit verbreiteter Honigbetrug.
Die schwierige Marktsituation bahnte sich bereits seit mehreren Jahren an. Seit 2022 hat sie sich aufgrund einer Kombination mehrerer Faktoren noch verschärft. Besonders betroffen sind Berufsimker, die ihren Honig in Fässern verkaufen, aber auch in anderen Bereichen des Sektors sind die Auswirkungen inzwischen zu spüren. Die Folgen sind unter anderem das Sterben von Imkereibetrieben. Dies wirkt sich aber nicht nur auf die Honigerzeugung, sondern auch auf die Ernährungssicherheit in der EU aus. Schon jetzt gibt es in einigen Regionen der EU nicht genügend Bienenvölker, um die landwirtschaftlichen Kulturen ausreichend zu bestäuben. Werden immer mehr Imkereien aus dem Geschäft gedrängt, wird die Bestäubung zahlreicher landwirtschaftlicher Kulturen auf dem Spiel stehen.
Wenn Imker ihren Honig nicht verkaufen können …
BeeLife und das Pollinator-Hub-Team haben zusammen mit dem Deutschen Imkerbund und Copa-Cogeca Handels- und Produktionsdaten von Eurostat, Trade Map und FAOSTAT aus dem Imkereisektor und dem Honigmarkt ausgewertet, um ein klares Bild von der Lage des Sektors zu zeichnen. Sie haben ihren Bericht nun auf der EU-Plattform Pollinator Hub veröffentlicht. Die wichtigsten Ergebnisse sind im Folgenden zusammengefasst:
– Es wird zu viel Honig in die EU importiert, darunter gepanschter Honig und „Honig“, der nicht der Definition von Honig als Naturprodukt gemäß der EU-Honigrichtlinie entspricht.
– Die Einfuhrpreise sind zu niedrig, als dass Imkereien in der EU mit ihnen konkurrieren könnten. Bei einigen Preisen handelt es sich höchstwahrscheinlich um Dumpingpreise.
– Die Lagerbestände an billigem Importhonig sind zu groß.
– Die Nachfrage nach Honig ist zurückgegangen.
– Die Produktionskosten für Honig in der EU sind in kurzer Zeit erheblich gestiegen.
Erforderliche Maßnahmen
Um das Überleben des Imkereisektors in der EU nicht weiter zu gefährden, muss die Politik sowohl auf EU- als auch auf nationaler Ebene handeln. Einige der wichtigsten Forderungen an die Politik sind:
– Die Einhaltung der Vorschriften für Honig muss verstärkt kontrolliert werden. Um Honigbetrug zurückdrängen zu können, müssen moderne Analysemethoden standardisiert und amtlich anerkannt werden. Für diesen Prozess ist eine EU-weite Honig-Datenbank notwendig. Darüber hinaus sollten neue, vielversprechende Analysemethoden getestet werden, um sie in das offizielle Methodenrepertoire aufzunehmen.
– Die Rückverfolgbarkeit des Honigs bis hin zur erzeugenden Imkerei auch in Drittstaaten muss als wichtiges Instrument zur Betrugsbekämpfung so schnell wie möglich eingeführt werden.
– Das Vertrauen der Verbraucher muss wiederhergestellt werden, um die Vermarktung von EU-Honig zu unterstützen.
– Die Einfuhrpreise müssen die tatsächlichen Produktionskosten widerspiegeln. Es gibt Hinweise darauf, dass dies nicht immer der Fall ist. Dies hängt zum Teil auch mit der Verfälschung von Honig zusammen, die niedrige Preise ermöglicht. Es könnten Antidumpingzölle erhoben werden.
– Die Einfuhr von Honig aus Unternehmen oder ganzen Ländern muss verboten werden, wenn sie die Definition von Honig in der EU-Honigrichtlinie oder dem Codex Alimentarius nicht einhalten.
Zeit zum Handeln
Die europäischen Imkereien können sich nicht länger dem unlauteren Wettbewerb von China und anderen Ländern stellen, die Honig nicht als Naturprodukt respektieren. Diese Situation wird durch bestimmte Importeure und Abfüller, zum Beispiel im Vereinigten Königreich, die große Mengen billigen Honigs aus China einführen, noch verschärft.
Die aufgezeigten Lösungen müssen umgesetzt werden, um die Imkerei zu retten und damit die Ernährungssicherheit in der EU zu gewährleisten. Es liegt auf der Hand, dass eine Erhöhung des Preises für heimischen Honig nicht die alleinige Lösung ist. Zum einen wird es weiterhin unlauteren Wettbewerb durch dubiose Produkte geben, die als „Honig“ bezeichnet werden. Zum anderen liegt es nicht im Interesse der Imkerinnen und Imker, dass Honig zu einem Luxusprodukt wird. Es ist daher höchste Zeit, die in dem Bericht aufgezeigten Probleme im Imkereisektor anzugehen.
Den vollständigen Bericht finden Sie auf der Plattform EU Pollinator Hub: https://app.pollinatorhub.eu/articles/2?t=downloads.