Keine Gentechnik bei wildlebenden Arten!

Keine Gentechnik bei wildlebenden Arten!

Der Deutsche Imkerbund fordert die IUCN auf, ein Moratorium für die Gentechnik bei wildlebenden Arten zu unterstützen.

Der Einsatz von Gentechnik im Naturschutz – wie die Veränderung von Korallen oder die Ausrottung invasiver Arten – hat eine intensive Debatte ausgelöst.

Hintergrund

Auf dem bevorstehenden IUCN-Weltkongress in Abu Dhabi im Oktober werden die Mitglieder zwei Anträge zur Rolle der „synthetischen Biologie“ abwägen müssen. Während einige den Einsatz der synthetischen Biologie befürworten, warnen andere, dass solche Technologien Risiken für die biologische Vielfalt bergen, schwer zu kontrollieren sind und mit den Erhaltungsgrundsätzen der IUCN in Konflikt geraten könnten. Sie plädieren für ein Moratorium für den Einsatz von genetisch veränderten, wild lebenden Arten in natürlichen Ökosystemen. Die Online-Debatten waren hitzig. Die Kontroverse hat die Abstimmung über die Anträge verzögert, sodass die endgültige Entscheidung erst auf dem Kongress getroffen werden kann. Das Ergebnis könnte die Zukunft der Naturschutzpolitik weltweit beeinflussen.

Wir, die Imkerinnen und Imker des Deutschen Imkerbundes, fordern die IUCN-Mitglieder auf, Antrag 133 zu unterstützen und ein Moratorium für den Einsatz der Gentechnik bei wildlebenden Arten einzuführen.

Vorschläge, gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere in natürlichen oder naturnahen Ökosystemen freizusetzen, bergen unannehmbare und nicht quantifizierte Risiken. Ein Beispiel ist die gentechnisch veränderte Amerikanische Kastanie, die derzeit in den USA in Feldversuchen getestet wird. Sie könnte irreversible Folgen für die Ökosysteme haben – die Umweltfolgen wurden jedoch nicht bewertet.

Gesunde Ökosysteme sind für Bestäuber unerlässlich

Bestäuber, wie Bienen, Fliegen oder Schmetterlinge, sind auf gesunde, artenreiche Ökosysteme angewiesen. Diese Systeme stehen bereits heute unter großem Stress. Die Einführung gentechnisch veränderter Wildarten könnte evolutionäre Prozesse destabilisieren, die natürliche Anpassung – besonders an den Klimawandel – untergraben und die Integrität der Ökosysteme bedrohen, auf die unsere Bienen angewiesen sind. Und die Frage bleibt: Können gentechnisch veränderte Pflanzen und Tiere, die in die freie Natur entlassen werden überhaupt als wilde Arten betrachtet werden?

Es gibt keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen

Wir sprechen aus Erfahrung: Jahrzehntelang wurden Pestizide wie DDT oder Neonicotinoide ohne angemessene Prüfung zugelassen, was zu verheerenden, langfristigen Belastungen von Bienen und Umwelt führte. Mit den Auswirkungen haben wir noch heute zu kämpfen. Wir befürchten, dass sich die Geschichte wiederholen könnte. Die derzeitigen Vorschriften machen es nicht möglich, die Risiken gentechnisch veränderter Organismen nach ihrer Freisetzung in der Natur vollständig zu bewerten, zu überwachen und zu beherrschen. Einmal freigesetzt, können diese nicht mehr aus der Umwelt zurückgeholt werden.

Imkerinnen und Imker werden zu den ersten Betroffenen gehören

Durch gentechnisch veränderte Pflanzen können Bienen neuartigen biologischen Eigenschaften ausgesetzt werden – mit unbekannten Auswirkungen auf deren Gesundheit und Verhalten. Schlimmer noch: Bienen können unwissentlich zu Vektoren für die Verbreitung gentechnisch veränderter Gene werden. Bis heute gibt es keinen klaren Rahmen für die Haftung oder Entschädigung im Fall von Kontaminationen. Wer wird zur Rechenschaft gezogen, wenn ganze Bienenvölker zusammenbrechen oder Umweltschäden entstehen? Wer wird Imkerinnen und Imker oder Gemeinden entschädigen?

Wenn es um Umweltprobleme geht, sind Imkerinnen und Imker wie der Kanarienvogel im Kohlebergwerk. Wenn sie erkennen, das etwas mit ihren Bienen geschieht, sind auch andere Bestäuber davon betroffen. Auch hier wird es Jahrzehnte dauern, bis die schädlichen Produkte wieder vom Markt genommen werden, während die Folgen von der Gesellschaft und der Umwelt getragen werden müssen.

Eine gesunde Umwelt für gesunde Produkte

Die Verbraucher erwarten, dass Bienenprodukte, wie Honig, Pollen oder Propolis, reine, natürliche Produkte sind. Wenn Bienen an gentechnisch veränderten Pflanzen sammeln, können wir dies nicht mehr garantieren. Eingriffe in die Natur bedrohen nicht nur die Bestäuber, sondern auch die Sicherheit der Lebensmittelversorgung, die sie unterstützen. Verbraucherinnen und Verbraucher sind bei diesem Thema sensibel eingestellt.

Zeit, zu handeln

Die IUCN muss nun Führungsstärke beweisen. Ein Moratorium ist eine vernünftige und vorsorgliche Maßnahme – eine Pause, um sicherzustellen, dass die ökologischen, ethischen und rechtlichen Auswirkungen verstanden werden, bevor man einfach weitermacht. Einmal in die freie Wildbahn entlassen, lassen sich gentechnisch veränderte Organismen nicht mehr eindämmen. Wir dürfen die Zukunft unserer Ökosysteme und Bestäuber nicht aufs Spiel setzen.

Wir fordern die IUCN auf, ihrer Verantwortung für die Natur und die biologische Vielfalt gerecht zu werden, indem sie den Antrag 133 unterstützt und ein Moratorium für die Gentechnik bei wildlebenden Arten beschließt.