Interview zur Apimondia

Interview                       zur Apimondia

Friedrich-Karl Tiesler wurde im Dezember im Rahmen der Vertreterversammlung in Bonn zum Ehrenbeirat des D.I.B. ernannt. F.-K. Tiesler war seit 1971 Zuchtobmann im Landesverband der Imker Weser-Ems e. V. und seit 1974 bis 2024 Zuchtobmann im Landesverband Hannoverscher Imker e. V. Seit 1987 engagiert er sich als Zuchtbeirat im D.I.B.

Für den D.I.B. hat Friedrich-Karl Tiesler im Zuge der anstehenden Bewerbung für die Apimondia 2029 aus seinem Erfahrungsschatz berichtet.

D.I.B.: Herr Tiesler, Sie waren bei dem 22. internationalen Apimondia-Kongress 1969 in den Münchener Messehallen auf der Theresien Höhe dabei, was haben Sie davon besonders in Erinnerung behalten?

F.-K. Tiesler: Für mich als jugendlicher begeisterter Imker und Züchter war es neben der jährlichen Berufsimkertagung in Soltau die erste internationale imkerliche Großveranstaltung mit vielen Wissenschaftlern und Praktikern, an der ich Gelegenheit hatte, teilzunehmen. Vor allem von den Vertretern der osteuropäischen Länder und der UDSSR, in denen die Imkerei- und Bienenwissenschaft eine große Rolle spielte und stark durch staatliche Maßnahmen gefördert wurde, waren etliche Vorträge zu erwarten.

Schon im Vorfeld – nachdem auf dem 20. Jubiläumskongress in Bukarest 1965 die Bundesrepublik Deutschland den Zuschlag für die Ausrichtung im Jahre 1969 erhalten hatte, fanden in Deutschland mit großem Engagement die Vorbereitungen durch die Arbeitsgemeinschaft der Bieneninstitute (Dr. Kaeser / Celle und Dr. Steche / Hochenheim) sowie Vertretern des D.I.B. und seinen Landesverbänden unter dem seinerzeitigen Präsidenten Dr. Gnädinger statt. Maßgebend für diese Begeisterung war vor allem die Struktur der Imkerschaft, die weniger geprägt ist durch rein wirtschaftliche Interessen als durch viele, zum großen Teil wissenschaftlich vorgebildete Imker, die ihre Freizeitbeschäftigung mit großer Leidenschaft betreiben. Dies den vielen ausländischen Vertretern zu vermitteln, sollte auch bei den Ausstellungen und den Exkursionen gezeigt werden.

Nach der Begrüßung durch den Apimondia Präsidenten Prof. Dr. Harnaj/Bukarest, den Kongresspräsidenten Dr. Gnädinger sowie den Ehrengästen der Apimondia und der Politik bildete der Festvortrag des großen alten Mannes der Bienenwissenschaft und späteren Nobelpreisträgers Karl von Frisch über seine Forschungen zur Tanzsprache und Orientierung der Bienen ein unvergessliches Erlebnis.

Für mich als Züchter waren die Vorträge in der Abteilung Bienenbiologie – einer von fünf Fachabteilungen unter – seinem Präsidenten Prof. Dr. F. Ruttner von besonderem Interesse. Hier sind mir vor allem Beiträge von Dr. Weiß/Erlangen zur Zuchttechnik, Dr. Koeniger/Oberursel zum Unterscheiden der Königin von Drohnen- und Arbeiterzellen, Ing. Vesely/CSSR zu Themen der künstlichen Besamung von Königinnen sowie die der russischen Wissenschaftler zur Selektion ihrer heimischen Bienenrassen und deren Kreuzung untereinander in Erinnerung. Auf dem Freigelände gab es eine Ausstellung – organisiert von den Bieneninstituten Oberursel/Bundesrepublik Deutschland und Ribnoe/UDSSR, bei der in Beobachtungsstöcken 13 verschiedene Bienenrassen und 2 Mutanten (Cordovan und Chartreuse) gezeigt wurden.

Gut besucht waren auch immer die Film- und Diavorführungen, die einen Einblick in die Imkerei anderer Länder vermittelten. Den 1. Preis erhielt damals der Imker Haccow für seinen wunderbaren Film „Marokko, Paradies der Bienen“, in dem er die traditionelle Bienenhaltung in seinem Heimatland zeigte.

Ein wichtiges Ereignis bei dem 7-tägigen Kongress war ohne Zweifel die Tagesexkursion, bei der die Teilnehmer unter 3 verschiedenen Zielen wählen konnten. Ich hatte mich für die Tour zu den Zuchtbetrieben von Jakob Schnitzler/Kampberg, Franz Gall/Spatzenhausen und dem Prüfhof Acheleschwaig im Alpenvorland entschieden. Die hier von der bayerischen Landesanstalt für Bienenkunde/Erlangen durchgeführten Leistungsprüfungen waren für viele beispielhaft. Die friedfertigen Bienen, die fest wie ein Pelz auf den Waben saßen, beeindruckten die Teilnehmer und führten auch bei mir zu einer Optimierung der Prüfarbeit.

Neben der Exkursion und den Vorträgen bot der Kongress reichlich Gelegenheit, sich mit ausländischen Kollegen, vor allem aus den osteuropäischen Ländern auszutauschen. Es wurden Verbindungen geknüpft und Freundschaften geschlossen: Der Züchter Piana/Bologna, K. Rupp/Präsident der ungarischen Imker und V. Benedicic/Ljubljana mit seinen Züchtern A. Bukovsek und C. Jalen luden mich zu Besuchen ein – eine Gelegenheit, die Carnica-Biene in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet kennenzulernen. So hatte der 22. Münchener Apimondia Kongress auch eine große völkerverbindende Wirkung unter den Imkern und Bienenwissenschaftlern bewirkt. Leider war es den Imkern aus der damaligen DDR, bis auf vier Funktionären, versagt, an dem Kongress teilzunehmen.

D.I.B.: Das hört sich nach einem vielfältigen Programm an. Unterstützen Sie die Bestrebungen, sich 60 Jahre nach München für die Ausrichtung der Apimondia 2029 zu bewerben und wenn ja, warum?

F.-K. Tiesler: Es wäre ein großes Ereignis, wenn die Apimondia wieder in Deutschland stattfinden würde. Die Imkerei Deutschlands auf internationaler Ebene zu präsentieren und andersherum einen Einblick in die Weltimkerei zu erhalten, ist eine große Chance.

Die Imkerei in Deutschland ist, anders als in vielen Ländern, zu einem großen Anteil eher kleinteilig aber gut organisiert. Die Bienenstände sind kleiner und die Völker über das ganze Land verteilt, wodurch eine flächendeckende Bestäubung gewährleistet ist. Über die Bieneninstitute besteht eine gute Unterstützung der Imkerschaft wodurch auf vielen Gebieten große Erfolge erzielt wurden. Dies darzustellen halte ich für wichtig.

D.I.B.: Wie schätzen Sie die Beteiligung innerhalb Deutschlands ein?

F.-K. Tiesler: Die Beteiligung wird groß sein, denn Fragen wie Varroa und Viren, zu erwartende neue Parasiten, Klimawandel, Erhalt der biologischen Vielfalt durch Schutz und Weiterentwicklung bedrohter Unterarten der Honigbiene stellen neue Herausforderungen dar. Gerade von den deutschen Imkern wird wegen ihres Interesses an wissenschaftlich aufbereiteten Themen eine große Teilnahme zu erwarten sein. Zum anderen bietet der Kongress wie keine andere Veranstaltung, die Möglichkeit neue Techniken der Imkerei zu erfahren. An erster Stelle steht aber die völkerverbindende Wirkung, Imker aus anderen Ländern kennen zu lernen und Erfahrungen auszutauschen.

D.I.B.: Herr Tiesler, was wünschen Sie sich für die Zukunft der Imkerei?

F.-K. Tiesler: Als ehemaliger Zuchtbeirat und Ehrenbeirat für Zucht im D.I.B. spielen für mich natürlich besonders Themen in diesem Arbeitsgebiet eine Rolle:

  • Stärkere Nutzung der Ratschläge erfolgreicher Imker statt auf teilweise zweifelhafte Beiträge in den neuen Medien hereinzufallen.
  • Stärkeres Engagement für wichtige Gemeinschaftsaufgaben. Hier denke ich vor allem an Aufgaben wie die Gewinnung von Nachwuchszüchtern, Leitung von Züchtergemeinschaften, Durchführung von Leistungsprüfungen und Umlarvveranstaltungen sowie Führung von Belegstellen.
  • Erfolge bei der Selektion einer widerstandsfähigen Biene.
  • Beibehaltung der Kooperation mit befreundeten Zuchtverbänden in einer gemeinsamen Zuchtpopulation.
  • Akzeptanz von Bienen und Belegstellen in Landschaftsschutz- und Naturschutzgebieten.

Der D.I.B. dankt Herrn Tiesler für das interessante Interview sehr herzlich!