In den letzten Tagen sorgte eine Meldung über die Änderung der deutschen Honigverordnung für Verunsicherung. Wird mit der Änderung ein neues Einfallstor für verfälschten Honig geöffnet? Nein.
Die Meldung klingt beunruhigend: Die Änderung der Honigverordnung bringe neue Risiken für Honig und Verbraucher. Fakt ist zwar, dass die EU-Honigrichtlinie weiterhin nicht perfekt ist – die Änderungen bieten aber zumindest keine neuen Schlupflöcher für Honigbetrüger.
Ein Thema der Meldung war gefilterter Honig und Backhonig. Laut der geänderten EU-Honigrichtlinie darf aus Backhonig nun „Pollen in erheblichem Maße entfernt“ werden. Das hat das Europäische Parlament bereits vor über einem halben Jahr beschlossen. Das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat hat diese EU-Vorgabe nun in deutsches Recht umgesetzt. Es handelt sich also nicht um eine neue Entscheidung des Bundesministeriums.
Keine neuen Schlupflöcher
Allerdings wird „gefilterter Honig“ bereits in der alten Honigverordnung als eigener Begriff aufgeführt. Auch dort steht bereits: „Pollen in erheblichem Maße entfernt“. „Gefilterter Honig“ wurde nun als eigenständige Bezeichnung gestrichen und dem „Backhonig“ zugeschlagen. Die Änderung eröffnet folglich kein neues Einfallstor für verfälschten Honig.
Da Honig Pollen entzogen werden kann, um dessen Herkunft zu verschleiern und diesen dann anderem Honig zuzusetzen, hatte der Deutsche Imkerbund gemeinsam mit anderen Verbänden gefordert, „gefilterten Honig“ komplett aus der EU-Honigrichtlinie zu streichen. Diese Forderung wurde leider nicht umgesetzt. Immerhin zeigt die Verschiebung zum Backhonig klarer: Gefilterter Honig ist ein Produkt für die industrielle Verarbeitung (siehe Kasten „Was ist Backhonig?“). Und es ist auch klar: Wird Honig mit Backhonig gemischt, fällt die entstehende Mischung nicht mehr unter die EU-Honigrichtlinie. Die Mischung darf also weder „Backhonig“ noch „Honig“ genannt werden.
Ist ultrafiltrierter Honig „gefilterter Honig“?
Leider gab es nie den richtigen politischen Willen, ultrafiltrierten Honig vom Begriff „Honig“ zu trennen. Er sollte aber gemäß der EU-Honigrichtlinie als „gefilterter Honig“ deklariert werden. Allerdings vertritt der D.I.B. hier folgende Position: Bei sogenannter Ultrafiltration muss der Honig vorab verdünnt werden. Zudem werden bei dem Prozess nicht nur Pollen, sondern auch andere honigeigene Bestandteile wie Proteine entzogen. Beides widerspricht der Honigrichtlinie inklusive der dortigen Definition „gefilterter Honig“ oder nun „Backhonig“. Diese nennt, wie oben erwähnt, nur entfernten Pollen als erlaubtes Kriterium. Demnach dürfte ultrafiltrierter Honig eigentlich weder unter die alte noch die neue Version der EU-Honigverordnung fallen.
Um dies deutlicher zu machen, hat der D.I.B. von Anfang an den expliziten Ausschluss von Produkten aus der Honigverordnung gefordert, die durch die Verwendung von Ultra- oder Mikrofiltration oder den Einsatz von Filtersubstanzen wie Diatomeenerde entstanden sind. Details zur Definition von „Backhonig“ werden zurzeit auf der EU-Honigplattform weiter ausgearbeitet. Ziel ist, dass die EU-Kommission bis 2028 hierzu einen delegierten Rechtsakt erlässt. Der D.I.B. bringt sich dabei über die europäischen Dachverbände BeeLife und Copa-Cogeca aktiv ein, die diese Position aufgegriffen haben.
5-%-Toleranz bei Prozentangaben
Mit der Änderung der EU-Honigrichtlinie müssen ab 14. Juni 2026 neben allen Ursprungsländern auch deren Prozentanteile im Hauptsichtfeld des Etiketts stehen. Der Deutsche Imkerbund hat durchgesetzt, dass künftig alle Prozentangaben erfolgen müssen. Dabei ist eine Toleranz von fünf Prozent erlaubt. Laut Meldung kann diese erlaubte Toleranz nun den Anteil ausländischen Honigs verschleiern. Dies ist jedoch nicht so einfach, wie man vermuten mag.
Vorweg muss gesagt werden, dass eine gewisse Toleranz eingeräumt werden muss. Ohne gesetzlich erlaubte Toleranzen bei Maßangaben müsste beispielsweise ein 500-g-Honigglas stets exakt 500 g enthalten – kein Gramm mehr oder weniger. Bei den Prozentangaben ist nun eine Toleranz von fünf Prozent erlaubt. Dabei wird oft nicht verstanden, dass sich die Toleranz auf den Anteil eines einzelnen Bestandteils bezieht. Ein Beispiel: Ein Mischhonig stammt zu 40 % aus Argentinien, 40 % aus Ungarn und 20 % aus China. Die Toleranz bedeutet nicht, dass die Anteile des argentinischen und ungarischen Honigs auf dem Etikett unter Ausnutzung der Toleranz jeweils mit 45 % angegeben werden können, um den chinesischen Anteil in der Deklaration auf 10 % zu drücken. Vielmehr lässt die Toleranz höchstens 42 % zu – denn fünf Prozent von 40 sind zwei Prozentpunkte. Der deklarierte chinesische Anteil würde somit theoretisch von 20 auf 16 % sinken. Allerdings ergäbe die erlaubte Toleranz in unserem Beispiel für den chinesischen Honig lediglich ein Prozent (5 % von 20). Somit darf die Angabe nicht unter 19 % fallen. Die Angabe von 16 % würde gegen die erlaubte Toleranz verstoßen.
Diese Überlegung bleibt zudem theoretisch. Es gibt zurzeit keine Methode, die Ursprungsanteile in Mischhonigen analytisch prozentgenau nachweisen kann. Die behördliche Kontrolle erfolgt über die Mischungsprotokolle der Abfüller. Dort werden die eingesetzten Mengen dokumentiert. Es gibt daher keinen plausiblen Grund, Toleranzen „kreativ“ anzuwenden.
Wichtig ist: Die Angabe der Prozentanteile soll nicht nur die Etikettangaben genauer machen. Sie soll auch die Rückverfolgbarkeit verbessern – und damit den Honigbetrug erschweren. Auch die Rückverfolgbarkeit ist – durch die Frühstücksrichtlinien festgelegt – Thema der EU-Honigplattform.
Was ist Backhonig?

Backhonig ist Honig, der die generellen Qualitätsvorgaben nicht (mehr) erfüllt. Er darf mehr Wasser enthalten als reifer Honig, und seine Enzyme können etwa durch Überhitzung inaktiviert sein. Er darf sogar einen fremden Geschmack oder Geruch aufweisen und bereits gären. Backhonig ist somit nicht für den direkten Verzehr gedacht, sondern als Zutat für verarbeitete Lebensmittel. Er muss entlang der gesamten Handelskette und auch in der Zutatenliste als „Backhonig“ deklariert werden. In der Regel geht er direkt an die Lebensmittelindustrie. Wird er doch im Ausnahmefall mal im Supermarkt angeboten, muss auf dem Etikett stehen: „nur zum Kochen und Backen“.
Backhonig wird im Grunde nicht gezielt produziert. Es handelt sich um ein Produkt, bei dem die Qualitätskriterien nicht aufrechterhalten werden konnten. Daher wird Backhonig auch deutlich günstiger als richtiger Honig gehandelt.
