Am 3. und 4. September 2024 fand in Pforzheim der vom BMEL veranstaltete Kongress „Die Asiatische Hornisse – Gekommen, um zu bleiben?“ statt. Hintergrund für die Ausrichtung ist die Kandidatur des D.I.B. (Deutscher Imkerbund e.V.) und des DBIB (Deutscher Berufs und Erwerbs Imker Bund e.V.) für den Weltimkerkongress Apimondia 2029 in Leipzig. Über die Bewerbungsphase hat Herr Bundesminister Özdemir im Januar 2023 die Schirmherrschaft übernommen.
Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse, welche 2014 von Frankreich ausgegangen ist. Der Kongress sollte zu einem verbesserten Austausch zwischen Imkerinnen und Imkern, Vertretern aus Naturschutz, Obst- und Weinbau, Behörden, Wissenschaft und Umweltinteressen beitragen.
Die Teilnehmer:Innen nahmen den Austausch als sehr fruchtbar und gewinnbringend wahr, nachdem das Thema bereits auf dem internationalen Kongress zur nachhaltigen Honigbienenhaltung im Oktober 2023 in Dresden zu lebhaften Diskussionen geführt hatte.
Wer ist für was zuständig?
Dass BMEL und BMUV gemeinsam an Lösungen arbeiten, konnte am ersten Tag durch den Vortrag von Herrn Fellner (BMUV) erneut vermittelt werden. Der Vortrag von Herrn Fellner (BMUV) zeigte deutlich die Zuständigkeiten im Rahmen der Bekämpfung aber auch die Abgrenzung zwischen BMUV und BMEL auf. Für die Imkerinnen und Imker schwer verständlich ist, dass Bundesministerien keine unmittelbare Kontrollfunktion gegenüber den zuständigen Behörden der Länder haben. In dem Vortrag wurden der rechtliche Hintergrund und die föderalen Prozesse hinsichtlich der naturschutzrechtlichen Bekämpfung erläutert. In der darauffolgenden Diskussion zeigte sich, dass die gegenwärtige Situation besonders bei den Imkerinnen und Imkern Unmut auslöst, da trotz der Bekämpfungsplicht gemäß Artikel 16 der Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 die Ausbreitung voranschreitet, obwohl invasive Arten als zweitgrößte Gefahr für die Biodiversität gelten (Studien beispielsweise aus ESP). Die Dunkelziffer der vorhandenen (Primär- und Sekundär-) Nester wird sowohl seitens Naturschutz als auch seitens der Imkerinnen und Imker hoch eingeschätzt. Zum Aufspüren insbesondere der Primärnester, die eine besondere Bedeutung für die Vermehrung und Verbreitung haben, ist eine Sensibilisierung der breiten Öffentlichkeit dringend geboten.
Das zeigen insbesondere die Erfahrungen der am Runden Tisch1 in BW vertretenen Experten und Organisationen. Die Diskussionsteilnehmer:Innen teilten ihre Erfahrungen auch zu der aus ihrer Sicht unzureichenden finanziellen Ausstattung der zuständigen Naturschutzbehörden mit und beschwerten sich aus der daraus resultierenden Belastung der ehrenamtlich Aktiven wie z.B. die Hornissenbeauftragten in den Ländern, die oftmals Imker:Innen sind. Besonders kritisiert wurde das individuelle und unabgestimmte Vorgehen der bislang betroffenen Länder (BW, RP, HE) anstelle einer bundesweiten Strategie, sowie der Mangel an Prävention in bisher nicht betroffenen Ländern, obwohl die Umstufung von Art. 16 in Art. 19 EU VO 1143/2014 (von „bekämpfungspflichtiger“ invasiver gebietsfremder Art in „zu managender“ invasiver gebietsfremder Art) bundesweit gelten wird. Die Sorge der Imker:Innen ist groß, dass eine Umstufung die Bekämpfungsmaßnahmen reduzieren könnte. Herr Fellner konnte hier Entwarnung geben und verwies auf das dazugehörige Managementmaßnahmenblatt, in das ab dem 1. Oktober 2024 für zwei Monate im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung Anmerkungen und weitere Vorschläge eingebracht werden können anhoerungsportal.de).
Maßnahmen werden diskutiert
Den Imker:Innen wäre wichtig, dass in diesem Zusammenhang auch bisherige Versäumnisse in der Bekämpfungspflicht definiert werden und Managementmaßnahmen zukünftig auf ihre Wirksamkeit evaluiert werden. Hinsichtlich der Wirksamkeit wird weiterhin ein Austausch mit FRA oder ESP, wo trotz hoher finanzieller Aufwendungen die Verbreitung voranschreitet, angeregt.
Aus den vorgetragenen Erfahrungen in Kombination mit den Erkenntnissen aus dem Kongress in Dresden 2023 kann man ableiten, dass selektive (Königinnen-) Fallen (P. Kennedy, GBR; Beispiele aus der CH) eine wirkungsvolle Maßnahme darstellen, welche naturschutzrechtlich durch die nachgewiesene Selektivität vertretbar wäre. Ein Hersteller hatte im Foyer Fallen und Schutzeinrichtungen für Bienenbeuten ausgestellt und die Funktionsweise erläutert. Interessant ist der Ansatz auch hinsichtlich einer Zusammenarbeit der Imkerschaft mit dem Naturschutz in Kombination von Bekämpfung und Monitoring. Als weiterer kritischer Punkt wurde angemerkt, dass die durch die Asiatische Hornisse verursachten Schäden für die Natur/Artenvielfalt schwer messbar und damit kaum sichtbar sind. Inwieweit diese Sachlage Einfluss auf die Motivation der zuständigen unteren Naturschutzbehörden hat, blieb offen.
Belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse, inwieweit die Asiatische Hornisse eine besondere Gefährdung für die menschliche Gesundheit darstellt, liegen bisher nicht vor. Einzelerfahrungen erscheinen aber gravierend. BMEL wird dahingehend Kontakt zur SVLFG2 aufnehmen.
Weitere Vorträge
Dr. Ernst (Landesanstalt für Bienenkunde (LAB) Hohenheim) stellte das Länderprojekt (BW, BY, HE, RP) vor, das als Entscheidungshilfe (EH)-Vorhaben vom BMEL für eine Laufzeit von zwei Jahre finanziert wird und die standortspezifische Biologie sowie Bekämpfungsmaßnahmen untersucht. Ein informativer Austausch zu Projekten in anderen MS wurde aus dem Plenum angeregt.
Dr. Reinhold Siede stellt das Europäische Innovationspartnerschaft (EIP) Projekt aus Hessen vor, das ein Monitoring für Hessen, die Ausbildung von „Hornissenscouts“ vorsieht, sowie die Entwicklung von Schutzmaßnahmen für Honigbienenvölker und die Entwicklung effizienter Bekämpfungsmaßnahmen.
Frau Rein gab Einblicke in die Koordinierungsstelle (BW) an der Landesanstalt für Bienenkunde (LAB) Hohenheim, welche als Projekt von 2024-2026 finanziert ist. Besonders die Meldungen und die damit verbundene Validierung eingereichter Fotos ist sehr arbeitsintensiv, es erscheint aufgrund der Fotoqualitäten unwahrscheinlich, dass eine KI diese Aufgabe übernehmen kann. Weitere Herausforderungen sind Falschmeldungen oder Meldungen außerhalb der Landesgrenzen. Insgesamt ist man mit den Abläufen aber zufrieden und kann eine gute Visualisierung der Verbreitung in BW ermöglichen. Die Öffentlichkeitsarbeit rundet das Projekt ab.
Dr. Kameke (Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz (DLR RP)) vertrat für den Weinbau eine realistische Einschätzung der Zukunftslage auf der Grundlage der Erfahrungen aus FRA und ESP. Weinbauexperten sehen in der Ausbreitung der Asiatischen Hornisse besonders durch sekundäre Pilzinfektionen eine Gefahr. Die Winzer:Innen haben aktuell jedoch andere Schädlinge (amerikanische Zikade u.a.) dringlicher zu bekämpfen, und Schäden durch die Asiatische Hornisse sind bisher kaum präsent. Studien zum Schutz der Weinreben z.B. aus Spanien wurden erläutert (Netze verschlechtern das Mikroklima -> Pilzinfektionen, Weintourismus wird gefährdet). Eine gute Zusammenarbeit mit der Imkerei, um „mehr Gehör“ zu finden, wird als sinnvoll angesehen.
Dr. Ludwig (UBA) gibt einen Überblick über chemische Bekämpfungsmaßnahmen und wies darauf hin, dass gegenwärtig kein Biozidprodukt zur Bekämpfung der Asiatischen Hornisse zugelassen ist. Es gibt jedoch Produkte, die gemäß der Übergangsregelung (der Biozid-Verordnung) noch einsetzbar wären, die jedoch i.d.R. nicht selektiv sind. Vom Anwender zu beachten ist, dass diese Produkte nicht geprüft und die Anwendungsbestimmungen oder z.B. der Zielorganismus nicht hinlänglich definiert sind. Ausnahmegenehmigungen zu anderen nicht zugelassenen Insektiziden können grundsätzlich beantragt werden, obwohl diese kaum Chance auf Erfolg haben, da eben Produkte gemäß der Übergangsregelung grundsätzlich verfügbar sind. Zielgerichtete Physikalische oder mechanische Ansätze werden alternativ bei der Bekämpfung verfolgt.
In der Abschlussdiskussion des ersten Tages wird widerholt deutlich, dass die Asiatische Hornisse kein nationales, sondern ein europäisches Problem ist und grenzübergreifend oder mindestens bundesweit angegangen werden sollte. Das föderale System erschwert dies aus der Sicht der Imkerinnen und Imker. Eine Plattform zum Austausch auf EU-Ebene wäre wünschenswert, müsste aber von den Ressorts angestoßen werden. Die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit sollten stärker thematisiert werden.
Präsident Ellmann (D.I.B.) wirbt noch einmal um Unterstützung in den Imkerverbänden hinsichtlich der finalen Apimondia 2029-Bewerbungsphase.
2. Tag mit Perspektivwechsel
Am 2. Tag wurde ein Weltcafé in drei Gruppen veranstaltet. Ziel war, den Teilnehmenden einen Perspektivwechsel zu ermöglich.
Folgend werden die Kernbotschaften dargestellt:
Tisch „Politik“ (Diskussionsleitung: BMEL): Es wurde deutlich, dass die Probleme, die vor Ort von Behörden, Imkerei und Hornissenbekämpfung erkannt werden, besser „nach oben“ (in die Politik) zu kommunizieren sind. Ein Handeln seitens der Politik kann nur erfolgen, wenn Probleme bekannt sind. Eine besondere Herausforderung besteht darin, dass bisher kein durch die Asiatische Hornisse verursachtes spezifisches Schadbild definiert ist, ebenso gibt es kaum gemeldete Effekte auf die menschliche Gesundheit. Viele Bekämpfungsmaßnahmen geschehen im Ehrenamt, hier werden auch Infomaterialien erstellt, jedoch sind die Ressourcen begrenzt. Eine höhere politische Relevanz (Wirtschaftliche Einbußen, Gesundheit) würde die Öffentlichkeitsarbeit befördern, sodass die Bevölkerung besser sensibilisiert ist und die Meldeaktivitäten zunehmen. Die Schulungen für das Bekämpfen der Asiatischen Hornisse bedürfen einheitlicher Standards. Eine scherwiegende Forderung an die Politik ist die Sensibilisierung der Bevölkerung, um die Meldeintensität insbesondere zu Primärnestern, die mit weniger Aufwand zu bekämpfen sind, zu erhöhen. Dazu bedarf es einfacher Meldeinstrumente (z.B. App?). Der Überblick zu gemeldeten (verifizierten) Fällen sollte verbessert und bundesweit dargestellt werden.
Tisch „Landwirtschaft und Imkerei“ (Diskussionsleitung: DBIB und D.I.B.): Besonders in der Imkerei wird die Asiatische Hornisse als große Herausforderung („Wolf der Imkerei“) angesehen, die andere bestehende Probleme verdrängt. Sie wird als zusätzliche Belastung (Arbeit, Kosten, Bürokratie) und Einschnitt in die Planungssicherheit wahrgenommen, die Unterstützung durch die Behörden wird als zu wenig empfunden. Auch der Wunsch nach Transparenz (Anzahl an Bekämpfungsmaßnahmen und Kosten) wurde deutlich. Eine Anpassung der Betriebsweise wird als notwendig angesehen, es müssen seitens der Imker Schutzmaßnahmen ergriffen werden (Managementmaßnahmen). Die anstehende Umstufung birgt aus Sicht der Imkerschaft die Gefahr, dass die Behörden sich „weiter“ zurückziehen und der Bekämpfungspflicht „noch“ weniger nachkommen. Wird der Druck für die Imkerei zu groß, steht zu befürchten, dass eigenmächtig und teils nicht gesetzeskonform bekämpft werden könnte oder Imkereien reihenweise aufgeben. Der Wunsch nach bundeseinheitlichen Maßnahmen und Unterstützung (auch finanziell), Koordination, Meldeplattform, Sticherfassung (App-Entwicklung) wird deutlich, um den „Flickenteppich“ zwischen Ländern und Ämtern zu schließen. Die Umstufung könnte aber auch eine Chance sein, da konkrete Managementpläne auch zu valideren Daten und wissenschaftlichen Auswertungen führen könnten und integrierte Kontrollkonzepte ermöglichen. Eine bessere Öffentlichkeitsarbeit und besserer Informationsfluss (lokale Vereine) sollte geschaffen werden (Kommunikationsstrukturen, Ansprechpartner), u.a. durch eine fundierte Ausbildung von Multiplikatoren. Die Zuständigkeiten sind in akuten Fällen teils unklar und der Austausch mit anderen MS sollte vor dem Hintergrund des voneinander Lernens befördert werden. Die Sensibilisierung der Landwirtschaft sollte vorangetrieben werden, sodass frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden können, besonders hinsichtlich des Mitarbeiterschutzes.
Tisch „Naturschutz“
Tisch „Naturschutz“ (Diskussionsleitung: BMUV, BMEL): Es wird herausgestellt, dass die Asiatische Hornisse Einfluss auf die Biodiversität, etwa durch verminderte Bestäuberleistung durch Prädation und Vergrämen von Wild- und Honigbienen hat und insbesondere in ohnehin geschädigten labilen Ökosystemen zu weiterer Destabilisation führen kann, in der Folge auch zu weiterem Artensterben seltener Blühpflanzen die dann nicht mehr bestäubt werden. Die quantitative und qualitative Bezifferung des Einflusses der Asitatischen Hornisse auf die Biodiversität ist praktisch jedoch kaum messbar, da Umweltfaktoren und andere Einflüsse nicht „herausgerechnet“ werden können. Auch für den Naturschutz wäre ein bundesweiter Überblick hinsichtlich der Verbreitung äußerst sinnvoll (einheitliches Monitoring, Meldeplattform etc.). Vor Ort muss die Zuständigkeit geklärt sein und die Suche nach Ansprechpartnern/Zuständigkeiten vereinfacht werden (Webauftritt u.a.). Die aktuelle Situation der nichtzugelassenen Biozide wird als Problem empfunden, aber auch die Gefahr der „Falsch-Vernichtung“ (Verwechslung mit der einheimischen Hornissenart Vespa crabro, die streng geschützt ist), Spezifität der Bekämpfungsmaßnahmen; dem kann durch eine adäquate Ausbildung der bekämpfenden Personen begegnet werden.
Die Abschlussdiskussion machte deutlich, wie wichtig der Dialog ist. Wurde besonders nach dem Vortrag des BMUV noch Unmut über eine vermeintliche Untätigkeit der Behörden spürbar, konnte der Kongress dazu beitragen, die föderalen Prozesse kenntlich und Erfolge sichtbar zu machen, sowie Ansätze für ein gemeinsames Handeln zu erarbeiten. Weiterhin konnten die Sorgen der Imkerschaft hinsichtlich der Umstufung gemildert werden und wurde teils als Chance begriffen. Darüber hinaus sollte insbesondere die Öffentlichkeit intensiver zur Problematik und der Notwendigkeit der Meldung bezüglich Hinweisen auf Vespa velutina informiert werden. BMEL wird dies auf seiner Ebene weitertragen und bittet alle Verbände ebenfalls um entsprechende Initiativen.
Der Kongress bildete die dritte BMEL-Veranstaltung im Rahmen der Apimondia-Bewerbungsphase zur Ausrichtung im Jahr 2029 in Leipzig und verdeutlichte die
Unterstützung von D.I.B. und DBIB; die Entscheidung über das Austragungsland fällt im September auf der Apimondia 2025 in Kopenhagen.
Fazit:
Als Folge des Kongresses wird BMEL den Austausch mit dem BMUV vertiefen und mögliche Maßnahmen zum Schutz der Honigbienen eng mit dem Naturschutz abstimmen, um Kollateralschäden im Naturschutz zu vermeiden und Synergien zwischen der naturschutzrechtlichen Bekämpfung der Asiatischen Hornisse und dem Honigbienenschutz identifizieren. Ziel ist es die naturschutzrechtlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Hornisse zu unterstützen und den Schutz der Honigbienen und anderer Insekten zu verbessern.